Anklägerin Marianne Ny erklärte, sie habe für Assange in Abwesenheit einen Haftbefehl wegen Vergewaltigung, sexueller Belästigung und Nötigung beantragt. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass die Ermittler den 39-Jährigen zu den Vorwürfen befragen müssten. „Bisher konnten wir ihn nicht treffen, um die Vernehmungen abzuschließen“, sagte Ny. Nähere Details wollte sie nicht publik machen, wegen der laufenden Ermittlungen, wie es auf der Website der Staatsanwaltschaft heißt.
Ein am 20. August ausgestellter erster Haftbefehl wegen Verdachts auf Vergewaltigung einer Schwedin und sexueller Belästigung sowie Nötigung einer weiteren Frau bei einem Stockholm-Besuch war damals nach wenigen Stunden zurückgezogen worden.
Anwalt: Assange kooperationsbereit
Mark Stephens, ein Anwalt Assanges, zeigte sich in einer Aussendung vom Donnerstag besorgt über den Schritt der Staatsanwaltschaft. Er betonte, die beiden Klägerinnen hätten nach eigener Aussage einvernehmlichen Sex mit seinem Klienten gehabt und hätten diesen erst angefangen zu beschuldigen, als sich herausstellte, dass der Mann mit beiden Frauen sexuelle Kontakte gehabt hatte. Zudem habe Assange den schwedischen Justizbehörden wiederholt angeboten, zu den Vorwürfen befragt zu werden, auch unter Eid, betonte der Anwalt.
Am 1. September hatte Ny ein neues Ermittlungsverfahren gegen Assange eröffnet. Die Staatsanwältin verzichtete zunächst auf einen Haftbefehl und gestattete es dem Australier, Schweden zu verlassen. Im Oktober verweigerten die schwedischen Behörden Assange eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis.
Vorwürfe gegen US-Geheimdienste
Zuletzt öffentlich aufgetreten war der Internetaktivist am 4. November in Genf. Dabei hatte er erklärt, er erwäge, in der Schweiz Asyl zu beantragen und WikiLeaks dort anzusiedeln. Derzeit hält er sich nach Angaben eines WikiLeaks-Sprechers in Großbritannien auf.
Nach Bekanntwerden der Anschuldigungen legten WikiLeaks-Mitarbeiter Assange einen Rückzug aus der Organisation nahe, bis die Vorwürfe ausgeräumt seien. Dieser wies die Anschuldigungen hingegen als einen vom US-Verteidigungsministerium gesteuerten „Rachefeldzug“ und eine Kampagne gegen ihn und WikiLeaks zurück. In einer Erklärung nach der neuerlichen Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens schrieb Assange, die US-Geheimdienste seien nun „wahrscheinlich sehr froh“.
WikiLeaks hatte Ende Juli für Aufsehen gesorgt, als sie Zehntausende Geheimdokumente zum NATO-Einsatz in Afghanistan öffentlich machte. Ende Oktober veröffentlichte sie fast 400.000 Geheimdokumente zum Irak-Krieg, aus denen unter anderem hervorgeht, dass die US-Armee trotz ihres Wissens von Folterungen von Gefangenen durch irakische Sicherheitskräfte nicht einschritt.
Wer im Glashaus sitzt usw!