Die Weltbank rechnet mit der Möglichkeit, dass ein europäischer Staat seinen Bankrott erklärt. „In der gegenwärtigen Situation ist alles möglich“, sagte Weltbank-Ökonom Andrew Burns gegenüber der Tageszeitung DIE WELT (Donnerstagausgabe). „Die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass solch ein Ereignis eintritt“, sagt Burns. „Aber trotzdem müssen wir solch eine Situation durchspielen, um darauf vorbereitet zu sein.“ Als mögliche Kandidaten gelten bei der Weltbank die hoch verschuldeten Eurozonen-Länder Griechenland, Italien, Irland, Spanien und Portugal.
„Die vereinbarten Hilfen und die Pakete genügen, um die betroffenen Länder in den kommenden Jahren mit Liquidität zu versorgen“, sagte Burns gegenüber der Welt. „Ein Bankrott oder eine Umschuldung sind deshalb nicht notwendig. Aber die Höhe der Schulden ist so hoch, dass man sich möglicherweise für einen anderen Weg als eine Restrukturierung der Schulden entscheidet.“ Offenbar hält der Ökonom es für möglich, dass Regierungen sich bewusst für einen Staatsbankrott entscheiden.
Solch ein Zusammenbruch könnte nach Ansicht der Weltbanker Banken in anderen europäischen Ländern ins Schwanken bringen und eine schwere weltweite Krise auslösen: Allein Banken in Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland und den Niederlanden halten Kreditforderungen gegenüber den fünf hoch verschuldeten Euro-Ländern im Gesamtwert von 1, 4 Billionen Euro in ihren Büchern. In vielen Ländern übersteigen diese Forderungen das Kapital der Banken. Sollte es zu solch einer – unwahrscheinlichen – Krise kommen, erwarten die Weltbanker, dass die globale Wirtschaft 2011 um 3,1 Prozent schrumpft und 2012 noch einmal um 4,1 Prozent.
Euro im Chart-Check
Die Sorge um die europäische Gemeinschaftswährung ist momentan in aller Munde. Negative Nachrichten bezüglich der Schuldensituation einzelner Mitgliedsländer reißen nicht ab.
Nach Griechenland werden auch kritische Stimmen zur Haushaltslage anderer europäischer Staaten immer lauter. Da verwundert es nicht, dass die Gemeinschaftswährung in den vergangenen Wochen fast täglich an Wert verloren hat. Erst kürzlich wurde die Marke von 1,20 Dollar nach unten durchbrochen. Kaum geschehen, treten schon wieder die Crash-Propheten auf den Plan und verbreiten Panik. Von einem weiteren Verfall bis hin zur Auflösung der Währungsunion gehen die wilden Spekulationen. Doch wie ist es um die Währung tatsächlich bestellt? Wie viel Pessimismus ist bereits im Euro-Kurs enthalten?