Freitag, 28. Mai 2010

Demokratie: Das Ende der Geschichte?

Das Gespenst der Volksherrschaft als Selbstbestimmungs-Placebo

Etwas ist faul, nicht (nur) im Staate Dänemark, sondern überall in Europa. An allen Ecken und Enden scheint es zu kränkeln. Ein Traum, nämlich die wunderschöne Illusion von Sicherheit gepaart mit Freiheit, auch Sozial- oder Wohlfahrtsstaat genannt, scheint gerade zu platzen. Die Schlagwörter unserer Zeit sind Staatsschulden, Staatsbankrott, Hedgefonds, Spekulanten, Rating-Agenturen und natürlich die guten alten Universal-Schmähwörter Kapitalismus und Neoliberalismus, Begriffe, die niemand definieren will, weil sie niemand definieren muss.

Es scheint nicht an Problemen zu mangeln auf dem alten Kontinent. China wächst, Indien wächst, Brasilien wächst. Die USA, so heißt es, wollen den Euro, die gehasste Konkurrenzwährung, zugrunde richten, um ihre Pfründe auf dem Finanzmarkt zu sichern. Europa dagegen ist alt, die Menschen sind alt und werden älter, die Demographie stimmt also nicht. Die Geschichte des Kontinents ist alt (was stets als ruhmreich betont wird), und die Einwanderung verändert dessen Gesicht und Identität. Die Menschen klammern sich an Götzen vergangener Tage, sie wollen den Wohlfahrtsstaat nicht aufgeben, sie streiken, rebellieren, wählen angeblich extreme Parteien und tun all das, um den Status Quo zu bewahren, nicht, wie stets zuvor in der Geschichte, um diesen zu verändern.

Den Menschen ist das Feindbild abhanden gekommen; waren es früher noch Monarchen und mancherorts Kommunisten oder Sozialisten, die für alles verantwortlich gemacht werden konnten, so fehlt dieses konkrete Feindbild in den europäischen Demokratien. Stefan Zweigs Klassiker „die Welt von gestern“ handelt von einer Welt, in der die alten Monarchien ihre letzten Atemzüge machen. Einer Welt vor dem Abgrund, obwohl die Monarchien doch gerade „goldene Jahre der Sicherheit“ bedeuteten. Und dennoch wollten die Menschen diese nicht mehr. Denn die Menschen neigen dazu, unzufrieden zu sein, und sie identifizieren Schuldige an dieser Unzufriedenheit, wenn auch oft nicht die richtigen. So wollten die Völker Europas vor dem Ersten Weltkrieg und danach wohl keine Monarchen mehr, sie strebten nach der demokratischen Verheißung, sich selbst regieren zu dürfen. Sie dachten, dies könne nur zu ihrem Besten sein.
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