Samstag, 9. April 2011

Im Sturmschritt zur Interventionsarmee?

Die Bundeswehr soll kleiner und effizienter werden, ihre Fähigkeit zu Auslandseinsät­zen deutlich steigen, auch zu Einsätzen, die – wie das Beispiel Afghanistan zeigt – einem Kriegseinsatz recht ähnlich sein kön­nen. Die »Ausrichtung am Einsatz« ist das erklärte Ziel der Bundeswehrreform. Mittlerweile wird über diese Reform seit mehr als einem Jahr diskutiert. Doch ist das Ziel noch realistisch? Zweifel sind angebracht.

Erste Entscheidungen sind gefallen. Sie ergeben ein höchst widersprüchliches Bild. Die Wehrpflicht wird ausgesetzt. Eine überfällige Entscheidung. Von Wehrgerechtigkeit konnte schon länger keine Rede mehr sein. Der verkürzte sechsmonatige Grundwehr­dienst war kaum mehr als ein Schnuppern am Bundeswehralltag. Für SoldatInnen, die an Einsätzen teilgenommen hatten und in Deutschland auf ihren nächsten Auslands­einsatz warteten, wurde die Betreuung von Wehrpflichtigen in der Heimat zur lästigen Pflicht. Vor allem die Gewinnung von Nachwuchs stand am Ende noch auf der Habenseite der Wehrpflicht. Aber auch dieser Vorteil relativierte sich. Zur Umsetzung der Wehrpflicht brauchte die Bundeswehr etwa 10.000 Soldaten, die für andere Aufgaben nicht zur Verfügung standen. Damit war das Schicksal der Wehrpflicht endgültig besie­gelt. Jahre, nachdem diese Entscheidung eigentlich nötig gewesen wäre.

Das aber hatte seinen Preis. CDU und CSU setzten durch, dass die Bundeswehr nicht so stark verkleinert werden soll wie zunächst geplant. Ausgerechnet der Generalinspekteur, Volker Wieker, hatte eine deutlich klei­nere Bundeswehr mit nur 163.500 Soldaten und Soldatinnen favorisiert. Zum Vergleich: Heute sind es noch über 250.000. Mehr Personal sei mit dem absehbar verfügbaren Geld und einer zusätzlichen Anschubfinanzierung für die Reformen nicht zu bezahlen. So klein müsse die Bundeswehr werden, wenn sie zugleich modernisiert und zu einer Armee im Einsatz gemacht werden solle. Den Christdemokraten war sie zu klein. Sie handelten im Gegenzug zum Verzicht auf die Wehrpflicht eine neue Obergrenze aus: Die Bundeswehr soll künftig noch 185.000 Soldaten und Soldatinnen haben. Das ließ zwar die Kommunal- und LandespolitikerInnen an den Bundeswehrstandorten etwas aufatmen, schreckte aber die HaushaltspolitikerInnen und den Finanzminister auf. Denn diese hatten der Bundeswehr während der Finanz- und Wirtschaftskrise mittlerweile auferlegt, bis 2014 insgesamt 8,3 Milliarden Euro einzusparen. Zwar soll dieser Zeitraum jetzt um ein weiteres Jahr gestreckt werden, der Umfang der geplanten Einsparungen bleibt aber wohl bestehen. Dieses Sparziel war noch nicht existent, als Generalinspekteur Wieker sein Modell für die kleinere Bundeswehr entwickelte. Als es bekannt wurde, schickte er eilends die Warnung hinterher, da­mit sei sein Vorschlag nicht mehr zu realisie­ren. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes befand sogar jüngst: Dann könne man gerade noch eine Bundeswehr mit 120.000 Soldatinnen und Soldaten bezahlen.

Die Katze und ihr Schwanz
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