Auf der ersten gemeinsamen Konferenz des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über die weltweit zunehmende Arbeitslosigkeit und wachsende Armut war die Furcht der herrschenden Kreise der ganzen Welt vor sozialen und politischen Unruhen mit Händen zu greifen.
Laszlo Andor, EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration, sagte vor den Konferenzteilnehmern in Norwegen, 2010 sei bisher ein „Schreckensjahr“ für die Arbeitslosigkeit gewesen. „Wenn wir nicht entschlossen handeln, könnte sich 2011als das Schreckensjahr für den sozialen Zusammenhalt erweisen“, warnte Andor. Er brachte damit seine Befürchtungen zum Ausdruck, Massenarbeitslosigkeit könnte schon nächstes Jahr heftige Klassenkämpfe und politische Krisen hervorbringen.
Die Zahlen, die der Konferenz vorlagen, sprechen für sich selbst. Weltweit steht die Arbeitslosigkeit inzwischen bei 210 Millionen. Das ist der höchste Stand seit Beginn der statistischen Erfassung, und ein Anstieg von 34 Millionen in den letzten drei Jahren. Etwa 80 Prozent der Weltbevölkerung kennen keinerlei Sozialleistungen. Schätzungsweise 1.2 Milliarden Menschen, also 40 Prozent der Erwerbstätigen weltweit, verdienen so wenig, dass sie und ihre Familien nicht über die Armutsgrenze von zwei Dollar pro Tag hinauskommen.
Besonders beunruhigt sind Andor und andere Spitzenbeamte darüber, dass der Anstieg der Arbeitslosigkeit großteils die entwickelten Volkswirtschaften Europas und der USA trifft. In den USA stieg die offizielle Arbeitslosigkeit von 7.5 Millionen auf mehr als 15 Millionen (die Hälfte davon Langzeitarbeitslose), Höchststand seit der Großen Depression. Europaweit beträgt die Arbeitslosigkeit über 23 Millionen – ein Anstieg von über 36 Prozent seit 2007.
Dominique Strauss-Kahn, geschäftsführender Direktor des IWF, sagte den Anwesenden, die globale Finanzkrise hätte eine „trostlose Öde der Arbeitslosigkeit“ hinterlassen. Arbeit zu haben, sei „oft eine Frage von Leben und Tod“, und steigende Arbeitslosigkeit könnte zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führen.