Freitag, 29. Oktober 2010

Globale Abzocke – Die Krise, die keine ist

Der Skandal ging um die Welt. US- Banken und Anwaltskanzleien hatten reihenweise Eigentumsnachweise über hypothekenbelastete Immobilien gefälscht, um diese widerrechtlich zwangsräumen zu können. Ein neuer Begriff schafft sich seitdem Raum in der neuen Welt. Robo- signer, so die Bezeichnung für tausende von Mitarbeitern, die über Wochen hinweg wie am Fließband gefälschte Eigentums- und Pfändungbescheide unterzeichnet hatten.

Inzwischen haben das US- Justizministerium und die Staatsanwaltschaften in allen 50 Bundesstaaten Ermittlungen aufgenommen. Beispielsweise gegen die Anwaltskanzlei David Stern, eine der größten US- Zwangsversteigerungs- firmen. Durchschnittlich tausend Unterschriften am Tag mussten die Mitarbeiter dort leisten, um möglichst viele Räumungen in möglichst kurzer Zeit zu ermöglichen. Verteilt auf einen Arbeitstag von zehn Stunden hatten die Unterzeichnungsroboter, die aus den Reihen von Friseuren, Wal-Mart-Angestellten und Ex-Fließbandarbeitern rekrutiert worden waren, durchschnittlich eine Minute Zeit, um die Rechtmäßigkeit des Vorganges sowie die Höhe der Schadenssumme zu prüfen. Wenn einer der Kollegen erschöpft ausfiel, sprangen andere ein, die seinen Namen auf den Papieren fälschten.

Wie gewonnen so zerronnen

Mittlerweile herrscht heilloses Chaos auf dem US- Immobilienmarkt. Ein großer Teil der Zwangsenteignungen stellt sich nun im Nachhinein als unrechtmäßig, und somit als unwirksam heraus. 2,1 Millionen Hausbesitzer, die in der Vollstreckungsfalle stecken, hoffen darauf, im Zuge des Fälschungsskandals von der dadurch entstandenen Rechtsunsicherheit profitieren zu können. Zwangsgeräumte Familien kehren in ihre verlassenen Häuser zurück, kümmern sich nicht länger um Pfändungsbescheide und Räumungsklagen, da sie genau wissen, dass diese nicht das Papier wert sind, auf dem sie stehen. So wie im Falle von Jason Grodensky, der von der Bank of Amerika zwangsenteignet worden war, obwohl er überhaupt keine Hypothek aufgenommen hatte. Er hatte stattdessen bar bezahlt, was den Fälschern im Bankenauftrag offensichtlich entgangen war. Und in Cleveland wehrt sich die halbe Stadt gegen die Deutsche Bank, die hart gegen säumige Schuldner vorgeht, ohne dafür eine wirksame Rechtsgrundlage zu besitzen.

Arme Milliardäre

Das Problem der Banken: Über Jahrzehnte hinweg hatten sie stabile Papiere mit wertlosem Müll vermischt und in Form von windigen Hypotheken, Derivaten und spekulativen Papieren im großen Stil und mit riesigen Gewinnen an ahnungslose Käufer verschachert. Nun, wo die Banken ihre Rechte einzufordern versuchen, stellt sich heraus, dass dies nicht machbar ist, da es sich als völlig unmöglich herausgestellt hat, aus all diesen hochverschachtelten Papieren die wahren Eigentümer rechtssicher zu benennen. Es ist in etwa so, als wolle man nachweisen, welche Kuh und welches Schwein in welcher Frikadelle stecken.

Gefickt eingeschädelt
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