Montag, 5. Juli 2010

Die EZB bildet die neuen "Vereinigten Staaten von Europa"

Marshall Auerback beleuchtet heute ein wenig die Konsequenzen der Eurokrise. Aus währungspolitischer Sicht sei einiges richtig gemacht worden; dafür habe die Demokratie Schaden genommen. Und wesentliche Probleme werden nach wie vor gar nicht erst angefasst.

Wolfgang Munchnau liegt richtig. Nur eine enger zusammenarbeitende Union kann den Euro retten. Langfristig wird es notwendig sein, ein permanents Fiskal-Arrangement zu schaffen, durch das die Verantwortlichen der Eurozone ihre Fonds verteilen können, die von den Mitgliedsstaaten genutzt werden. Im Idealfall sollte dies in der Hand einer ähnlichen Einrichtung wie einem nationalen Finanzministeriums liegen, die sich gegenüber einem gewählten Volksvertretern zu verantworten hat – in diesem Fall dem Europäischen Parlament.

Aber politisch betrachtet ist das ein Rohrkrepierer, besonders im derzeitigen Umfeld. Deutschland im Besonderen würde den „Vereinigten Staaten von Europa“ nur zu deutschen Bedingungen zustimmen, tatsächlich würden sie die Eurozone zu den „Vereinigten Staaten von Deutschland“ machen oder, das wäre das Mindeste, zu einer Europäischen Union mit starken deutschen Charakteristiken.

Lassen wir die Europäische Zentralbank herein. Mit einer kleinen Fanfare hat die EZB auf die Zahlungsfähigkeitmisere der Europäischen Währungsunion mit dem Durchführen von großangelegten Anleiheaufkäufen im sekundären Markt reagiert (was, konträr zum direkten Aufkauf von Staatsschulden, nicht im Gegensatz zum Maastricht-Vertrag steht), um die Schulden der EWU-Nationen zu bedienen. Wie Bill Mitchell herausstellte, ist es bemerkenswert, wie wenig Presse-Echo dies hervorrief, denn entgegen ihrer Versicherung, dass es weder Bailouts gäbe noch unsterilisierte Anleiheaufkäufe, kauft die EZB nunmehr riesige Beträge an PIIGS-Schulden, um zu versichern, dass die Finanzierungskrise der EWU eingedämmt sei. In Anbetracht, dass dieser Schritt die Insolvenzrisiken substantiell reduziert, mag das vielleicht ein weises Vorgehen gewesen sein, obwohl es sehr wenig gegen die untergründigen Gestaltungsfehler im System bewirkt, die wir schon zuvor diskutierten.

Aber es gibt fundamentale anti-demokratische Zwischentöne bei dieser Aktion. Womöglich ist „ein finanzieller Putsch“ eine zu starke Charakterisierung, doch ohne Frage ist die EZB nunmehr weit und breit die mächtigste Institution ohne ihresgleichen innerhalb der EWU. Wie Mitchell argumentiert, “they stand between the system collapsing or muddling through. And they can force austerity onto citizens throughout the member nations but never face the judgement of the voters.”
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